GSG#4 – Das Kamel nicht in unser Zelt lassen!

Wie wir mit Konsequenz und mit Hilfe eines höheren, spirituellen Geschmacks unsere Prinzipien, Gelübde und Vorsätze aufrecht erhalten können.
– – – Gedanken, Geschichten und Philosophie in frischer Luft von und mit Phillip Trier Rabe (Paramshreya Dasa).

Ein Gedanke zu „GSG#4 – Das Kamel nicht in unser Zelt lassen!

  1. Hier der Brief von Bianka aus Sachsen-Anhalt (und nicht Brandenburg!). Sie hat uns die Erlaubnis gegeben, diesen hier zu veröffentlichen. Wir haben ihn nicht weiter bearbeitet, also seht bitte über den einen oder anderen Flüchtigkeitsfehler hinweg! (Der Text wurde ursprünglich nicht für ein Schriftstellerwettbewerb geschrieben!)
    * * * * *

    rauchen – oder sich mit dem kleinen kartoffelmesser regelmässig genüßlich in den daumen schneiden…

    ich hab gute 27 jahre geraucht und ungefähr 7 mal ernsthaft versucht aufzuhören. (mit ca 13 damit angefangen)
    der 1. versuch war noch während der Ausbildung, grund dafür war, ich wollte nur geld sparen. ständiges herzklopfen und schlechte laune waren die folgen und nach gut einer woche war mir das geld egal…

    2. versuch hatte den schönsten grund: ich war mit unserem sohn schwanger. anfang des 3. monats haben wir es erfahren und ich konnte sofort aufhören zu qualmen. nur für das kleine wesen was sich zu uns gesellt hat, wollte ich von anfang an das beste und alles richtig machen. zugegeben es war soooo einfach nun nicht und man spielt immer mit dem gedanken und zu allem überfluss hört man dann noch “ man soll doch gar nicht gleich ganz aufhören, weil der winzling hat ja dann auch entzugserscheinungen und überhaupt belastet das den kreislauf… und wenn du unruhig wirst deswegen, ist es das baby auch…und und und…. “ alle aussagen übrigens von rauchern!!! ich hab mir nur vorgestellt, wie das kleine husten und nach luft schnappen würde. das hat gereicht – bis ich nicht mehr stillen konnte… und dann fing ich wieder an.. zuerst nur mal gezogen – pfui – dann mal nuuur ne halbe – immer noch pfui – gut, jetzt mal zum kaffee und „endlich“ hats wieder spass gemacht…..mensch, dass wurde aber auch zeit.

    dann hatte auch ich die idee, dass so ca 10 zigaretten am tag reichen. mmh der erste tag war so lala.. doch so ne not-reserve kann man schon einplanen, falls mal besuch kommt und der keinedabei hat, oder wenn man mal in einer lustigen runde zusammensteht. also eine schachtel müsste ja übers wochenende reichen… 20 sind drinne, reicht. und was wenn nicht? dann muss ich bei dem sauwetter bis zur tankstelle, nenene zur sicherheit nehm ich mal noch ne schachtel mit… und wenn man weiss, dass genug da sind, dann müssen die auch weg…. genauso sinnlos war, nur alle 2 stunden mal eine zu rauchen. denn schon beim ausdrücken der einen, klebte man nur noch an der uhr, und suchte verzweifelt nach möglichkeiten, die zeit so schnell wie es geht irgendwie rumzukriegen….

    die nächsten versuche wurden begleitet von extrem schlechter laune, ständige suche nach ablenkung und dann wieder unglaublicher schläfrigkeit… und überall um einen herum wurde geraucht, eine unverschämtheit wenn man aufhören will… auf dem balkon unter uns und neben uns, auf dem weg zum bäcker, in jedem film qualmte es. bildete mir nachher noch ein, ich könnte riechen was die im fernsehn rauchen…. ohne worte… oder mein mann und ich rauchen eben weniger. heißt, wir teilen uns immer eine. das sah so aus, dass erst der eine auf den balkon ging, und nach der ersten hälfte gewechselt wurde. und draussen halt auch so. der grundgedanke, wenn wir beide somit weniger rauchen, ist es ja nicht so schlimm, also quasi gesünder, billiger und evtl können wir ja mal ganz aufhören. wie der ein oder andere bekannte. einer gab ne menge geld aus für einen homöopathen und akkupunktur, der andere bekam von nikotinkaugummis heftige magenprobleme, von pflastern nen juckenden ausschlag und ein anderer musste wegen dieses sprays mit dem auto an die seite fahren, weil er das gefühl hatte, gleich die besinnung zu verlieren, also kreislaufprobleme. siehste, siehste alles quatsch, bei keinem hat es irgendwas genützt. siehste wohl, die schaffens auch blos nich

    dann bekam ich die nächste große chance. ich hatte einen kleinen unfall bei dem ich mir die achillissehne über die hälfte durchgehackt habe. also not-op, eine woche krankenhaus, spitzfußgips, krücken… eine woche schon nicht geraucht, dass war ok, dann freute ich mich auf zu hause und natürlich mein raucherbalkon.. wollte ja schon auf dem weg mal endlich eine ziehen aber es gestaltete sich schwierig wenn man an zwei krücken hängt.. endlich 3 etagen auf einem bein hochgesprungen – aber nun hatte ich mir wirklich mal in aller ruhe eine kippe verdient… denkste. es gestaltete sich nämlich äußerst schwierig, mit den krücken auf dem balkon zu landen. der war ja nicht eben sondern es musste ein grosser schritt über ein kleine mauer überwunden werden… brauch ich wohl nicht weiter auszuführen, wie es in mir kochte… mein lieber mann hielt mir dann die zigarette hin, ich lehnte an der offenen balkontür, ständig bemüht auf einem bein das gleichgewicht nicht zu verlieren und konnte mal ziehen… somit war ich nun auch noch davon abhängig… das war doch alles sch….e!!! bockig und zickig hab ich es dann notgezwungen ganz gelassen.. erstmal… denn es dauerte doch nur so 6 wochen, dann konnte ich wieder ein bissl humpeln jaaaa und somit mal probieren, ob es noch „schmeckt“… also her damit, angezündet und…. boah eckelhaft, naja das wird schon wieder!! die nächste wollte aus der schachtel und… oooh mir wird so schwindlig und … mir wird schlecht… aaaach kopf hoch, bald biste wieder fit und es „schmeckt“ wieder!!! und was soll ich sagen, ich war wieder gefangen im land von – ich brauch noch ne schachtel – wo in drei teufelsnamen ist das feuerzeug schon wieder – ich rauch noch schnell eine – rauch nur noch auf – usw….

    da hatte ich es nun schon so lange ohne geschafft und man glaubt es kaum, ich habs ohne komplikationen überlebt, warum konnte ich es nicht ganz lassen?? und die viele zeit die dabei vertan wird….es ist schädlich, bla bla bla, es stinkt alles danach, es ist teuer geworden, es beherscht einen …. also warum?? weil… keine ahnung…. mit 13 oder 14 war man halt cool ja und dann?? pfffff, wollte ja gar nicht aufhören, niiiiie !!!

    und, wenn man selber noch raucht und ein freund will nichtraucher werden, also das ist unverschämt, ausserdem schafft er das sowieso nicht, und wenn er dann nach 2 wochen einknickt, gibts nen schulterklopfer und er kann sich eine schnorren. zur feier des tages gibts eine gekaufte und keine selbstgestopfte.

    ich glaube, die ganzen versuche damit aufzuhören, scheiterten daran, dass ich mich dazu gezwungen fühlte, irgendwie.
    aber mit dem krishnabewußt werden, und den damit verbundenen erlebnissen, den geschichten, das gefühl der verbundenheit und wärme die von nahezu allen devotees ausgeht, die kirtans, das gemeinsame chanten, singen, kochen, tanzen und lachen in der gemeinschaft, wurde oft mal durch ne raucherpause unterbrochen. hin und wieder muss ich zugeben, hat man sich schon ein wenig dafür geschämt(?) oder besser gesagt, es fühlte sich an, als wär man erwischt worden beim kekse mopsen… aber nie hat uns jemand dafür verurteilt… und dann hat ein freund doch mal einen satz gesagt, der noch lange lange nachklang…. wir hatten uns wieder im kleinen kreis getroffen zum lesen und chanten und dann hieß es wieder “ na komm, gehn wir ma ne runde an die luft“ … unser muni meinte ganz ruhig und nebenbei „ach müßt ihr doch jetz nicht“ naja und hin und her und da es draußen ungemütlich war, zögerten wir raucher noch und dann kam noch ein „krishna freut sich auch, wenn ihr jetz nich raus geht“ … bamm, das hat gesessen… es fühlte sich immer mehr falsch an aber die macht der gewohnheit war noch immer stärker. doch der gedanke „ich will das doch gar nicht mehr“ war immer da, mal lauter mal leiser…. ich hab mir oft gewünscht, stärker zu werden als der glimmstängel, ich fragte mich, warum quält man sich selber freiwillig mit dem stinkekraut, warum hab ich immer wieder angefangen obwohl ich gemerkt habe, dass ich auch ohne den tag überstehe… ich hatte soviel chancen bekommen aber das nie als chance begriffen. ich hab es nicht verstanden, dass es wie geschenke waren, die ich nicht schätzen konnte….

    doch dann kam meine vermutlich letzte gelegenheit… ich hab mir einen fiesen virus eingefangen, der mich nicht mal ans rauchen denken liess. eine woche ging es mir richtig schlecht, die fliesenstube war meine und der eimer neben meinem bett genauso. langsam ging es wieder bergauf, mein mann fragte mal, ob ich mit „an die luft“ komme, aber… neee noch nicht. die nächsten tage ging es immer besser, die kraft kam zurück aber „raus“ wollte ich immer noch nicht. unbemerkt waren 3 wochen rauchfrei um, ohne wirklich rumzuzicken (bis auf typische zickentage bei den damen), ohne wilde aufräum-, umräum- und wegräumaktionen, ohne herzklopfen, ohne diese innere unruhe, ohne dieses – die hab ich mir jetzt aber wirklich verdient – , ohne auf arbeit sehnlichst auf die pause zu warten, dann nix wie raus und flamme an – essen in der pause kostete wertvolle rauchzeit also nur kaffee, 20 min reichen für 3 kippen und nen pott kaffee, auf dem rückweg schnell noch nen eukalyptusbonbon in die schnute geschoben – fertig. gemein war auch, wenn man feierabend hatte, es in strömen regnet und das feuerzeug natürlich in die einzig mögliche pfütze fällt, dann erst anspringt, wenn die kippe schon langsam feucht wird. aber raucher werden auch damit fertig. genauso wie mit heftigem sturm oder schneegestöber. auch zweistellige minusgrade halten einen nicht davon ab, raus zu gehen. da kannste gar nicht so schnell mit den zähnen klappern wie du frierst, egal, wir haben es (aufrauchen) ja gleich geschafft. wo ein wille war..

    auch der ein oder andere traurige schicksalsschlag seit dem, hat mich nicht verzweifeln und damit rückfällig werden lassen. ich hab auch absolut kein verlangen mehr danach… daran gedacht, wie es wäre, wenn ich jetzt noch mal kurz ziehen würde, ja das schon. aber nur gedacht. haahaahaa dass muss ich noch sagen, ich hab zwei mal während dieser zeit, geträumt. ja, ich habe geträumt, ich rauche. und ich kann kaum beschreiben wie fürchterlich ich mich gefühlt habe, wie schuldig. einmal hab ich im bett geraucht (das hab ich aber auch sonst nie gemacht) bin panisch aufgewacht, licht angemacht, ach was, festbeleuchtung hab ich gemacht, dass bett aufgeschüttelt, ums bett rum nach dem glimmenden stummel gesucht, mich abgesucht und in meinem kopf schrie es nur „mensch du hast doch nur geträumt“… als mein blutdruck wieder im grünen bereich schien, konnte ich nur noch mit dem kopf schütteln. … und beim zweiten traum, qualmte ich auf dem fahrrad und fuhr durch die stadt. (da wussten ja schon die meisten, dass ich aufgehört habe) plötzlich blieb ich wie vom donner gerührt mitten auf der strasse stehen, sah voller entsetzen auf den glimmstängel zwischen meinen fingern. ich stammelte immer vor mich hin, ich hab doch aufgehört, nein nein nein ich hab aufgehört damit, hoffentlich hats keiner gesehn… und während dieses traumes wurde mir langsam bewusst, dass es nur ein traum ist, und dann durfte ich endlich aufwachen…… tja, dass war neu.

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